Starke Schule beider Basel (SSbB)

4127 Birsfelden, E-Mail: Starke.Schule.beider.Basel@gmx.ch, PC 60-128081-8

 

Leserkommentar

Kommentar zu: Verstehendes Lernen wird vernachlässigt von Carl Bossard

Carl Bossard deckt überzeugend auf, dass die Bildungspolitik ihr Hauptziel aus den Augen verloren hat. Eine bombastische Ausweitung des Bildungsprogramms hat dazu geführt, dass ganz wesentliche Bildungsziele verfehlt wurden. Dazu bestimmten eine dogmatisch vorangetriebene Gleichmacherei mit entsprechenden Strukturreformen und Steuerungsphantasien der Bildungsplaner weitgehend die Agenda der Bildungspolitik. Die Resultate dieser Reformen sind in jeder Hinsicht ernüchternd. Für Klassenlehrkräfte wurde durch das belastende Integrationskonzept mit strikter Ablehnung von Förderklassen die Unterrichtsarbeit erschwert. Statt zu schauen, was das Lernen wirklich fördert, wurde die Lehrerrolle schleichend abgewertet. Doch Jugendliche wollen keine Lernbegleiter als graue Mäuse im Klassenzimmer. Sie wünschen sich eine kompetente und vertrauenswürdige Lehrerpersönlichkeit, die mit Freude die Klasse führt und wesentliche Inhalte vermittelt. Die Bildungspolitik hat es verpasst, die Prioritäten richtig zu setzen. Man hat jahrelang umgebaut, ohne über den Kernbereich der Pädagogik zu reden.

Unsere Schule braucht verbindliche Bildungsinhalte, eine Stärkung der Lehrerrolle und ein gründliches Ausmisten bei den schulischen Wunschzielen. Dies unter Berücksichtigung des wichtigen kulturellen Auftrags der Schule bei der Allgemeinbildung zu realisieren, ist die grosse Herausforderung der kommenden Jahre.

Hanspeter Amstutz
Ehem. Bildungsrat und Sekundarlehrer, Fehraltdorf ZH

Hier kommen Sie zum Artikel von Carl Bossard
 

News

  • Samstag, November 23, 2024

    Auch bei mündlichen Prüfungen sind Rekurse möglich

    In einem aktuellen Fall entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Prüflinge bei einer mündlichen Prüfung im Falle eines Rekurses das Recht auf eine rudimentäre Begründung haben. (lbe)

    Mehr

  • Mittwoch, November 20, 2024

    Social-Media-Verbot für Jugendliche

    Depressionen, Sucht und Essstörungen sind nur ein Bruchteil der psychischen Probleme, welche durch starken Social-Media-Konsum vor allem bei noch sehr jungen Personen ausgelöst werden können. Australiens Regierung verkündete daher, den Zugang zu sozialen Medien für unter 16 Jährige zu verbieten. Sie ist damit noch radikaler als Frankreich anfangs des Jahres, welche die Altersgrenze auf ab 13 Jahren setzten will. (lh)

    Mehr

  • Samstag, November 16, 2024

    Gymnasium: Schwerpunktfach EGS stösst auf wenig Zustimmung

    Diskussionen um ein neues Schwerpunktfach an den Gymnasien im Stadtkanton. Nun ist klar, der vorgesehene neue Schwerpunkt Ernährung/Gesundheit/Sport (EGS) wird doch nicht eingeführt. (as)

    Mehr

  • Freitag, November 15, 2024

    Neuer Schwerpunkt an der PH FHNW

    Seit dem neuen Herbstsemester bietet die PH FHNW ein neues Modul an, bei welchem es den Studierenden ermöglicht wird, ihre Kompetenzen in der Sonderpädagogik zu vertiefen. Der neue Schwerpunkt ist für die Lehrpersonen Sekundarstufe I ausgelegt und trifft auf grosses Interesse. (as)

    Mehr

  • Samstag, November 02, 2024

    Teileingliederung des Unterrichts von Heimatlichen Sprach- und Kulturkursen

    Die Migrant*innensession 2024 fordert die beiden Basler Halbkantone zur Teileingliederung von heimatlichen Sprach- und Kulturkursen an öffentlichen Schulen auf. (lbe)

    Mehr

  • Montag, Oktober 28, 2024

    Bildungsfragen werden in der NZZ zunehmend zum Thema

    Lehrpersonen sind in der Schweiz im Durchschnitt unzufriedener geworden und geraten immer mehr an ihre eigenen Grenzen, so die Berichterstattung der NZZ vom August. Seit geraumer Zeit berichtet die Zeitung regelmässig und ausführlich über bildungspolitische Themen und die Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Meinungen: Die einen sehen das Problem des Leistungsabbaus an unseren Schulen in der integrativen Schule und der Digitalisierung, während die anderen die bildungspolitischen Reformen der vergangenen Jahre verteidigen. (as)

    Mehr

Spenden

Wir freuen uns über Ihre Spende.

Starke Schule beider Basel
4127 Birsfelden

PC 60-128081-8
IBAN CH98 0900 0000 6012 8081 8

11.04.2020

Neue Reform – gleiches Muster

Nie verkaufen sich Schulreformen so einfach wie in zumindest scheinbar schwierigen Zeiten. Orientierungslose Bildungswissenschaftler glauben dann noch mehr an revolutionäre Heilsbotschaften. So geschehen beim inszenierten PISA-Schock. Jenes herbeigeredete Bildungsdesaster warf hohe Wellen, suggerierte Bedürfnisse nach Neuem und warf Bewährtes mir nichts, dir nichts über Bord. So wurde 2004 in sechs Kantonen unter dem Deckmantel von Harmos beschlossen, den Fremdsprachenunterricht an der Volksschule „von Grund auf zu erneuern“. (Quelle: https://www.fremdsprachenunterricht.ch/hintergrund/das-projekt-passepartout)

Szenenwechsel. März 2020: Mit Corona ist eine weltweite Krise über uns gekommen. Sie gibt einer anderen revolutionären Heilsbotschaft Aufschwung. Vor lauter Panik, man könnte im digitalen Sektor abgehängt werden, überbieten sich Kantone und Länder in Aktionismus, als ob es kein Morgen gäbe.

Doch die Digitalisierung des Unterrichts wurde von langer Hand am Schreibtisch vorbereitet, ohne Einbezug der Bedürfnisse von Lernenden und Lehrpersonen. Wie nach dem PISA-Schock wird erneut top-down definiert, wie die Schule von morgen auszusehen habe. Die digitale Maschinerie birgt neben unbestrittenen Vorteilen auch viele Risiken und Nachteile, die natürlich nicht zur Debatte stehen sollen. Schliesslich ist man euphorisiert im digitalen Flow der vermeintlichen technischen Möglichkeiten. Doch wie soll die Zukunft der Schule aussehen? Darauf weiss einzig und allein die IT-Branche die Antwort, zwar nicht die beste für die Schule, aber die beste für die Branche.

Man erinnere sich an Passepartout: Kritiker wurden von Beginn an belächelt und als rückständig hingestellt. Studien, die dem Konzept ein schlechtes Zeugnis ausstellten, wurden systematisch ignoriert. Millionen versandeten in überteuerten Weiterbildungen, nach dem Motto: Was viel kostet, muss erstens gut sein und darf zweitens nicht scheitern. Schliesslich will niemand für verpulverte Steuergelder geradestehen. Dass die meisten Lehrpersonen Passepartout skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden, wurde mit dem Argument beiseite gewischt, dass die Staatsdiener Geduld bräuchten, sie würden sich schon noch mit dem Konzept anfreunden. Wer das nicht konnte, dem wurde stinkfrech die Lehrbefähigung abgesprochen.

Passepartout, die Sternstunde des modernen Fremdsprachenunterrichts, war eine «heilige Kuh», und entzog sich folglich jeglicher Kritik. Es dauerte rund acht Jahre, bis der ideologische Irrsinn gestoppt werden konnte. Die Umfragewerte unter den Lehrpersonen waren unterirdisch, die Leistungen der Lernenden ebenso. Zuletzt sprach sich das Baselbieter Stimmvolk im November 2019 mittels einer geleiteten Lehrmittelfreiheit überdeutlich für den Übungsabbruch aus. Wie lange wird es dauern, bis die ernüchternde Erkenntnis einkehrt, dass sich mit der Heilsbotschaft «Digitalisierung» dieselben Fehler wie bei Passepartout wiederholen? Hurraschreiend werden Millionen für Hard- und Software ausgegeben, um den zwischenmenschlichen Austausch im Schulzimmer mit dem Bildschirm zu ersetzen. Dem neoliberalen Diktat folgend könnten mit einer Institutionalisierung der virtuellen Welt Personalkosten eingespart werden.

Die Digitalisierung durch Computerfreaks ist der Schule nicht förderlich, da sie den intensiven persönlichen, unmittelbaren Austausch im Schulzimmer deutlich einschränkt. Gerade zurzeit zeigt sich dies aufgrund der Corona-Krise und Homeoffice erzwungenermassen in ausgeprägter Form: Die Jugendlichen sitzen stundenlang alleine vor ihren Bildschirmen und wünschen sich den direkten Kontakt zu ihren Mitschüler/-innen und Lehrpersonen zurück.

Wird der Unterricht auch nach der Corona-Krise verstärkt digitalisiert durchgeführt, hätten nicht nur leistungsschwächere Schüler/-innen einen Nachteil. Eltern müssten einspringen, was weder pädagogisch sinnvoll noch ihre Aufgabe wäre. Lernen würde zunehmend zu einer Selbstisolation vor dem Bildschirm enden. Die Umschreibung des Menschen als Homo oeconomicus wird dessen Natur genauso wenig gerecht wie die des Homo digitalis. Der Mensch ist in erster Linie ein soziales Wesen und Unterrichten ist ganz wesentlich auch Beziehungsarbeit.

Jürg Wiedemann, Vorstand Starke Schule beider Basel