06.05.2025
Schlaf erhöht die Konzentration bei Jugendlichen
Die Konzentrationsfähigkeit von Jugendlichen nimmt stetig ab. Der Verlust von Konzentration hängt mit der verbreiteten Nutzung der sozialen Medien und allgemein mit dem Handykonsum zusammen. Es gibt aber weitere Faktoren, die die Konzentration von Jugendlichen beeinträchtigen. Einer dieser Faktoren ist die durchschnittliche Schlafdauer, die ein Jugendlicher pro Nacht bekommt.
Eine Studie, welche die Cambridge Universität und die Universität Fudan in Shanghai gemeinsam durchgeführt haben, zeigt auf, wie bereits wenige Minuten mehr Schlaf das Volumen des jugendlichen Hirns erheblich verbessern kann, berichtet der Guardian.
Die Studie, die auf der wissenschaftlichen Website «Cell Reports» veröffentlicht und zusammengefasst wurde, beinhaltete die Untersuchung von über 3'000 Jugendlichen. Die Ergebnisse der Forschung zeichnen ein klares Bild ab: Die Jugendlichen, die bei der Untersuchung am meisten geschlafen haben, weisen eine deutlich bessere Funktion des Gehirns auf.
Die Wissenschaftler:innen halten in ihren Studienresultaten jedoch fest, dass sich die Leistungsfähigkeit der Proband:innen durch die unterschiedliche Schlafdauer nicht bedeutend ändert, Allerdings zeigen Jugendliche, die mehr schlafen, bei den kognitiven Tests sehr gute Resultate. Diese guten Resultate lassen die Schlussfolgerung zu, dass das Volumen wie auch die Funktionsfähigkeit jener Jugendlichen, die mehr schlafen, besser ist.
Fazit
Die Studie schlussfolgert, dass viel Schlaf bei Jugendlichen massgeblich zu einer verbesserten Hirnleistung beiträgt und dies bereits bei einer Veränderung des Schlafes von weniger als einer halben Stunde.
Anahi Sidler
Sekretariat Starke Schule beider Basel
04.05.2025
Unsere Schulen: die verschwiegene Kehrseite der Inklusion
Solche Geschichte schaffen es selten in unsere Medien: Eine Reportage über eine Familie, in der das eine Kind hochbegabt, das andere sprachlich massiv minderbegabt ist. Von denen das minderbegabte in der Schule massive Förderung erhält, das hochbegabte fast zugrunde geht, weil die Pädagogen ausser Unverständnis und Überforderung so gut wie nichts anzubieten haben. Eine schreiende Ungleichheitsbehandlung! Und jetzt raten Sie einmal, für wen die neue Initiative «Schule für alle» noch mehr fordert: Für genau diese Schule!
«Schule für alle»? Wer könnte dagegen sein!
- Das Problem liegt nur darin, dass die herrschende, vor allem an den Pädagogischen Hochschulen gelehrte Ideologie behauptet, Schule für alle könne «integrative Schule für alle» bedeuten.
- Eine Schule, die alle Kinder, hoch- und minderbegabte, solche mit körperlichen und psychischen Behinderungen aller Art, Fremd- und Muttersprachliche unbedingt in ein einziges Klassenzimmer sperren will – wenn notwendig umschwirrt von einem Team an Pädagogen, Therapeuten und Sozialarbeitern. Alles andere, behaupten sie, sei menschenrechtswidrig.
Die Inklusions-Fanatiker schlagen zurück
Diese Ideologie hat in den letzten zwanzig Jahren in der Praxis weitgehend Schiffbruch erlitten und nun auch politischen Widerstand geweckt: Im Kanton Zürich ist vom Parlament bereits eine «Förderklasseninitiative» angenommen worden, die für Kinder, die den Betrieb einer Regelklasse nachhaltig behindern, wieder Kleinklassen erlaubt. In anderen Kantonen sind, nachdem die von der Schulpraxis unmittelbar Betroffenen – Lehrerinnen, Eltern, lokale Behörden – allzu lange geschwiegen haben, ähnliche Bestrebungen im Gange.
Dagegen bläst nun eine von Behindertenverbänden und linken Anhängern der integrativen Schule lancierte Volksinitiative zum Sturm. Nein, die integrative Schule sei nicht gescheitert, lautet die Argumentation. Es fehlten nur die nötigen organisatorischen Vorkehrungen und finanziellen Mittel, damit die Inklusion Erfolg habe. Dabei wurden bisher die Misserfolge der Übung immer wieder tunlichst unter den Teppich gekehrt.
Sonderschüler? In privaten Institutionen
Die Initianten übersehen, dass die beträchtlichen Mittel, die in der Vergangenheit in die schulische Integration gepumpt wurden, weder die pädagogischen noch die organisatorischen Ziele je erreicht haben.
-
So zeigen bisher unbekannte, in der «NZZ» nun publizierte Daten, dass in manchen Gemeinden immer mehr Schüler einen Sonderschulstatus erhalten, um das schöne pädagogische Bild der geglückten integrativen Schule aufrechtzuerhalten.
Weil aber das Potemkische Dorf der schulischen Integration zu wenig Plätze für Sonderschulen aller Art bereit hält, schicken die Gemeinden solche Schüler in private Institutionen, die erstaunlicherweise auch noch günstiger sind als die staatlichen Sonderschulen.
Wo Integration versagt
Und auch das ist nur ein Teil der Wahrheit über den angeblichen Erfolg der schulischen Integration. Die düsterste Seite der Integrations-Ideologie ist, dass sie bei einem Teil der Schüler versagt. Und zwar ausgerechnet bei den Hochbegabten. Darüber wird selten berichtet und, wenn überhaupt, nur halblaut hinter vorgehaltener Hand.
Und trotzdem sind ausgerechnet besonders Begabte Opfer der integrativen «Schule für alle», um die sich kaum jemand kümmert.
Umso verdienstvoller die grosse Reportage über zwei höchst gegensätzlich begabte Kinder aus ein- und derselben Familie, die – Kompliment! – in den CH-Medien erschien: Der zwei Jahre Ältere hochbegabt mit einem IQ von über 150, was sich erst herausstellte, nachdem sich die Lehrerin wegen seiner totalen Passivität bei den Eltern beschwerte – und völlig überfordert war, nachdem sie erfahren hatte, was der Erstklässler alles wusste. Doch die wenigen Massnahmen, die dem Buben zugutekamen, waren völlig ungenügend – etwas «Förderunterricht» und Überspringen von Klassen, voilà. Es war eine Qual!
Hochbegabung als Tragödie
Ganz anders bei der jüngeren Schwester:
- «Als sie drei Jahre alt war, stellten Pädiater eine Spracherwerbsverzögerung fest. Mit der Diagnose begann ein engmaschiges Fördernetzwerk zu greifen. Man bemühte die Logopädie. Dabei zeigte sich: Das Mädchen braucht sprachlich eine gezielte Förderung. Dafür kam es in den Kindergarten einer Sprachheilschule», lesen wir im St.Galler Tagblatt.
- Und das war nur der Anfang: «Bei T. war hingegen klar, welche Hilfestellungen sie benötigte. Die Eltern mussten sich nie darum kümmern. Stets waren Fachpersonen da, die sie unterstützten.
- «Die Massnahmen flogen uns nur so zu», sagt die Mutter. Die Invalidenversicherung übernahm die Kosten für die Logopädie. Und da die Sprachheilschule in einer anderen Gemeinde war, fuhr ein Sammeltaxi die Kindergärtlerin respektive Primarschülerin hin und her.
- «Es gab ein grosses Angebot für sie. Zudem wussten ihre Lehrpersonen genau, wie sie T. einzuordnen hatten – all das, was uns bei David fehlte», berichtet die Mutter.
Hochbegabung als Geschenk? Nicht in der Schweiz: «Aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen: Ich wünsche das niemandem. Ich empfinde es als Tragödie», bilanziert die Mutter.
Der Schweizer Gleichheits-Wahn
Was den beiden Kindern dieser Familie widerfuhr, ist kein Einzel-, sondern eher der Regelfall. Würde in unseren Pädagogischen Hochschulen wirklich Verständnis für das ganze Spektrum der Begabungen gelehrt und keine Ideologie, müsste Hochbegabung schon längst eine Priorität sein. Davon ist nach wie vor nicht die Rede.
Was für ein Widerspruch: Während man in den (ex-)kommunistischen Staaten im Osten Europas Hochbegabungen förderte, in den MINT-Fächern so gut wie in den musischen, leistet sich die kapitalistische Schweiz eine Gleichheits-Ideologie, die an zu kurz geratenen Pflänzchen mit aller Kraft zieht, die allzu hoch gewachsenen aber mit dem Rasenmäher kurz hält.
Gottlieb F. Höpli
Publizist, im Nebelspalter
[Quelle: Nebelspalter vom 02.05.2025]
29.04.2025
Lehrpersonen befürworten mehr Noten auf der Primarstufe
Aufgrund eines politischen Vorstosses zum Thema Noten auf der Primarstufe, der nach den Ferien im Landrat eingereicht wird, hat die Starke Schule beider Basel (SSbB) eine Umfrage gestartet, die im Vorfeld der Einreichung des Vorstosses ein Stimmungsbild bei Lehrpersonen, Eltern und Bildungsinteressierten einfangen soll.
Konkret stellt sich die Frage, ob an den Baselbieter Primarschulen nicht nur in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und NMG (Natur, Mensch, Gesellschaft) Noten erteilt werden sollen, sondern zusätzlich in weiteren Fächern. Bislang erhalten die Schulkinder in diesen drei Fächern Noten und in den anderen Fächern die folgenden Prädikate: «Grundanforderungen nicht erfüll», «Grundanforderungen erfüllt», «Erweiterte Anforderungen erfüllt», «Hohe Anforderungen erfüllt».
Mehrheit ist für Noten in mehr Schulfächern
Die Resultate der durchgeführten Umfrage, bei welcher 786 Personen aus den beiden Basler Halbkantonen teilgenommen haben (davon rund 84.5% Lehrpersonen), sind bemerkenswert: 55.8% der Umfrageteilnehmenden spricht sich für Noten in weiteren Fächern aus, 36.3% sind dagegen. (siehe Grafik 1)

Die Umfrageteilnehmenden, welche in der ersten Frage die Einführung von weiteren Noten befürworteten, hatten in einer Folgefrage die Möglichkeit anzugeben, ab welcher Stufe die Schulkinder die zusätzlichen Noten erhalten sollten. (siehe Grafik 2)
Die dritte Grafik bildet ab, in welchen weiteren Fächern Noten eingeführt werden sollen: Rund 80% der Umfrageteilnehmenden befürwortet Noten in Englisch und Französisch. Die weiteren Fächer erhielten Zustimmungswerte zwischen 45% und 56%, wobei Turnen und Sport diese Gruppe von Fächern anführt.

Zusätzliche Noten sollen auch für die Beförderung in die nächste Klasse und den Übertritt in die Sekundarschule zählen
Die Umfrage stellte folglich die Frage, ob für die Beförderung in die nächste Klasse die zusätzlichen Noten auch zählen sollten oder ob für die Beförderung weiterhin nur die Noten in Deutsch, Mathematik und NMG entscheidend sein sollen. Auch hier sind die Resultate deutlich: 53.7% befürworten, dass weitere Noten für die Beförderung zählen sollten, 35,6% sind dagegen,10.7% sind sich bei dieser Frage unsicher. (siehe Grafik 4)

Dieselbe Frage konnten die Umfrageteilnehmenden in Bezug auf den Übertritt in die Sekundarschule beantworten. Dort fallen die Ergebnisse mit 62.8% Zustimmung sogar noch deutlicher aus. (siehe Grafik 5)

Vor- und Nachteile der Einführung von Noten in weiteren Fächern
Mithilfe eines Prosatextes bekamen die Befragten die Möglichkeit, Vor- und Nachteile der Einführung von Noten in weiteren Fächern kundzugeben. Insgesamt haben mit 373 Personen erstaunlich viele davon Gebrauch gemacht.
Bei den Vorteilen wurde ein Argument sehr häufig genannt: Die Schulkinder bekämen durch Noten ein umfassenderes Bild davon, was ihre effektive Leistung sei. Ebenfalls oft erwähnt wurde, dass die Schüler*innen durch das Einführen von mehr Noten bereits auf den Schulalltag in der Sekundarschule vorbereitet würden. Zudem würde dies ihnen ermöglichen, Schwächen und Stärken besser auszugleichen.
Bei den Nachteilen gab es ein ausschlaggebendes Argument, das oft notiert wurde: Die Schulkinder würden erhöhtem Leistungsdruck und mehr Stress ausgesetzt.
Kritische Bemerkungen zur Umfrage
Mehrere Umfrageteilnehmenden kritisierten, dass es in der Umfrage keine Möglichkeit gab, sich explizit gegen jegliche Noten auszusprechen, also auch um die Abschaffung der Noten in den drei Kernfächern Deutsch, Mathematik und NMG.
Die Frage, ob sämtliche Noten an den Primarschulen abgeschafft werden sollen, konnten die Umfrageteilnehmenden in einer kürzlich durchgeführten Umfrage der SSbB beantworten, wobei sich nur 18.4% der Umfrageteilnehmenden für keine Noten an den Primarschulen aussprachen. 81.6% befürworteten Noten an den Primarschulen.
Deshalb zielte diese Folgeumfrage ausschliesslich darauf ab, ob an den Primarschulen Noten in weiteren Fächern eingeführt werden sollen oder nicht.
Fazit
Die Ergebnisse der Umfrage sind deutlich: Eine Mehrheit ist dafür, dass an den Primarschulen in mehr Fächern Noten erteilt werden und diese auch für die Beförderung in die nächste Klasse sowie für den Übertritt in die Sekundarschule zählen sollen. Ein beachtlich grosser Teil der Umfrageteilnehmenden ist dafür, dass in den Fremdsprachen Fächern Englisch und Französisch Noten eingeführt werden.
Die Position im Vorstand und im Sekretariatsteam der Starken Schule beider Basel ist in dieser Frage unterschiedlich.
Anahi Sidler
Sekretariat Starke Schule beider Basel
24.04.2025
Frauen überholen Männer bei Tertiärabschlüssen in der Schweiz
Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat kürzlich Szenarien für das Bildungsniveau der Bevölkerung veröffentlich. Darin wird unter anderem ersichtlich, dass in rund 10 Jahren mehr 25- bis 64-jährige Schweizerinnen einen Tertiärabschluss besitzen als Schweizer.
Ein Tertiärabschluss ist ein Abschluss an einer Hochschule oder in der höheren Berufsbildung. Diese umfassen insbesondere den Eidgenössischen Fachausweis, das Eidgenössische Diplom, ein Diplom einer Höheren Fachschule sowie Abschlüsse von Universitäten und Fachhochschulen.
Die folgende Tabelle zeigt den Anstieg der Tertiärabschlüsse.

Bereits heute verzeichnen die Sekundarschulen im Niveau P mehr Mädchen als Knaben. Auch an den Gymnasien wächst die Abschlussquote von Frauen zunehmend.
Lange Zeit waren die Geschlechterrollen auch in Bildungsangelegenheiten klar; der Mann durfte eine hochrangige Ausbildung geniessen, während die Bildung für Frauen nicht verfügbar oder keine Priorität war. Dieser Bildungsrückstand wirkt sich bis heute auf diese Zahlen aus. Deswegen ist trotz der teilweise höheren Tertiärabschlussquote von Frauen die Gesamtzahl von allen 25- bis 64-jährigen Schweizerinnen heute noch tiefer als die der Schweizer. Laut BFS hält dies noch 10 Jahre an, bis die Frauen im Jahr 2036 erstmals mit den Männern gleichziehen, was die Tertiärbildung anbelangt. Ab 2038 überholen die Frauen die Männer erstmalig.
Diese Entwicklung ist erfreulich und ein wichtiger Beitrag, dass Frauen künftig gleichberechtigt auch wichtige und verantwortungsvolle Führungsaufgaben in der Berufswelt übernehmen können. Trotzdem gilt aufzupassen, dass sich nicht erneut ein Ungleichgewicht zuungunsten der Männer entsteht. Deswegen stellt sich die Frage, ob das heutige Bildungssystem und die Unterrichtsphilosophie für Schülerinnen besser geeignet und zielführender ist als für die Jungs im selben Alter. Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) äussert sich auf Anfrage der Starken Schule beider Basel (SSbB) dazu wie folgt.
Auf Anfrage der Starken Schule beider Basel, teilt uns Fabienne Romanens, Mediensprecherin der Bildungsdirektorin mit, dass der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) keine Daten zu den Ursachen vorliegen, weshalb Frauen die Männer bei den Tertiärabschlüssen überholen.
Lena Bubendorf
Vorstand Starke Schule beider Basel
23.04.25
Unverzichtbare Förderklassen ergänzen das Schulsystem
Ein Thema sorgte in der letzten Woche für einige Aufregung. Es ging um die Recherchen der NZZ über den enormen Anstieg von Schülern mit Sonderschulstatus und verdeckte Schülerzuweisungen in grosser Zahl in private Sonderschulen.
Explosionsartige Zunahme von Schülern mit Sonderschulstatus
Der Autor des NZZ-Beitrags stellte fest, dass sich die Anzahl der Sonderschüler in der Volksschule in den letzten zwanzig Jahren verdreifacht hat. Ein Teil dieser 9000 Kinder und Jugendlichen mit Sonderschulstatus wird im Rahmen des aktuellen Integrationsmodells weiterhin in den Regelklassen unterrichtet. Der Status «Sonderschüler» ermöglicht es auf einfachere Weise, Teildispensationen in einzelnen Fächern auszusprechen. Überforderte Schüler können so beispielsweise vom Französisch oder von Diktaten dispensiert werden. Aufhorchen lässt auch der zweite Teil des Berichts, in welchem es um nicht veröffentlichte Einweisungen von Schülern in private Sonderschulen geht. Jahrelang hat die Zürcher Bildungsdirektion unterschlagen, dass die Gesamtzahl der in teuren Sonderschulheimen unterrichteten Schüler um einen Fünftel grösser ist als allgemein bekannt war.
Die Kosten für die Sonderschulungen laufen aus dem Ruder
Bei den Budgets vieler Gemeinden fällt vermehrt auf, dass die Kosten für die Sonderschulungen enorm zu Buche schlagen. Tatsächlich ist es so, dass eine Heimeinweisung eines Schülers eine Gemeinde mit rund 55 000 Franken (ohne Kantonsbeitrag) pro Jahr belastet. Im Schulbudget sind diese Kosten nicht enthalten, da sie unter den Sozialkosten der Gemeinde verbucht werden. An der grossen kommunalen Gesamtbelastung für die Sonderschulung ändert sich aber nichts. Weil die Sonderschulheime heute chronisch überlastet sind, drängt sich eine Suche nach Alternativlösungen geradezu auf. Einige Gemeinden haben deshalb einen Teil ihrer Sonderschüler in kostengünstigeren privaten Institutionen platziert. Der Bericht in der NZZ zeigt, dass dieses Vorgehen mehrere sehr heikle Fragen aufwirft.
Überzogene Individualisierung und masslose Ansprüche fördern die Krise
Ein bis sechs Schüler pro Klasse würden sich während einer Unterrichtslektion öfters auffällig oder störend verhalten, war kürzlich im ZO zu lesen. Sie müssten eigentlich zeitweise 1:1 betreut werden, damit sie wieder in richtige Bahnen gelenkt werden können. Diese Aussage machte die Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands im Rahmen eines Interviews über die Einführung von Förderklassen. Die grosse Zahl von Schülern mit intensivem Betreuungsaufwand macht stutzig. Was ist nur mit unserer Volksschule los, dass konzentriertes Lernen in manchen Klassen so schwierig geworden ist? Sicher stark ins Gewicht fällt, dass die unrealistischen Erwartungen ans individualisierte Lernen gewaltig gestiegen sind. Vorherrschende Theorien an den Pädagogischen Hochschulen legen Lehrpersonen nahe, massgeschneiderte Bildungswege für jedes einzelne Kind zu finden und individuelle Bildungsziele festzulegen. Dieses Lernkonzept hört sich zwar vielversprechend an, vermindert aber die Anpassungsleistungen der einzelnen Schüler an stabilisierende gemeinsame Normen im Klassenunterricht. Manche Kinder werden fordernder und ungeduldiger. Nicht geeignet für die Führung quirliger Klassen ist dabei auch ein als fortschrittlich geltendes Rollenbild, das Lehrkräfte als zurückhaltende Lernbegleiter und erst in zweiter Linie als Führungspersonen sieht.
Förderklassen im eigenen Schulhaus reduzieren Sonderschulungen
Die dringend notwendigen Förderklassen sind nicht dazu vorgesehen, den Grossteil der teils hausgemachten Schwierigkeiten unserer Volksschule aufzufangen. Diese sind ohne falsche Rücksichtnahme klar zu benennen und nicht länger zu verdrängen. Der überladene Lehrplan, das belastende Frühsprachenkonzept und ein unsinnig hoher Anspruch auf massgeschneiderte Lernwege erschweren eine Konzentration auf ein übersichtliches Bildungs-Kernprogramm. All das sorgt für viel Hektik und Unruhe in den Klassen. Es gilt deshalb, parallel zur Einrichtung von Förderklassen bei den genannten Baustellen gründlich aufzuräumen.
Die meisten verhaltensauffälligen Schüler benötigen keine separative Förderung. Time-out-Lösungen mit Schulinseln können einiges abdecken. Doch es gibt leider die wirklich happigen Fälle mit einem erheblichen Störpotenzial. Solche Schüler können ganze Klassen durcheinanderbringen.Diese «Systemsprenger» benötigen eine intensive Betreuung in einer Kleinklasse durch eine Lehrperson mit anerkannten heilpädagogischen Fähigkeiten. Förderklassen im eigenen Schulhaus sind eine nötige Ergänzung in einem integrierenden Schulsystem. Sie verhindern, dass Regelklassen völlig aus dem Ruder laufen und nur noch durch teure externe Sonderschulungen stabilisiert werden können. Mit dem Ja des Kantonsrats zugunsten von Förderklassen sind die Weichen richtiggestellt worden.
Unbelehrbare Dozenten der Hochschule für Heilpädagogik wehren sich gegen Förderklassen
Die Anhänger der unbedingten Integration aller Schüler in die Regelklassen wehren sich vehement gegen die Einführung von Förderklassen. Es sind vor allem Dozenten aus der Hochschule für Heilpädagogik, die jede Separation von Kindern rigoros ablehnen. Sie wollen nicht eingestehen, dass die Belastungen für Lehrpersonen in manchen Klassen nicht mehr tolerierbar sind und nur durch eine «Renaissance der pädagogischen Vernunft» deutlich reduziert werden können. Förderklassen gehören zu diesem Paket der Erneuerung.
Hanspeter Amstutz
Ehemaliger Bildungsrat und Sekundarlehrer
22.04.2025
Vorstoss für sichere Schulwege in Basel-Stadt
Im Basler Grossrat hat Tonja Zürcher (BastA) eine Motion eingereicht, mit der Forderung die Sicherheit der Schulwege fortlaufend zu verbessern. Unter anderem soll das «Konfliktgrün» (Fussgänger und abbiegende Autos haben gleichzeitig grün) wegfallen.
Nach dem tragischen Unfall Ende Juni 2024, bei dem ein 11-jähriger Junge aufgrund eines Konfliktgrüns ums Leben kam, werden nun die Sicherheitsvorgaben verschärft. Die Grossrätin fordert in ihrer Motion «rasche und konkrete Massnahmen». Der Vorstoss wurde mit 51 zu 39 Stimmen deutlich angenommen. Gefordert werden umfassende Sicherheitsmassnahmen auf allen Schulwegen bis spätestens 2029.
Weiter werden in der Motion Tempo 30 Zonen, Begegnungszonen und autofreie Strassen verlangt. Auch die Anzahl der risikoreichen Kreuzungen mit dem sogenannten Konfliktgrün sollen reduziert oder sogar ganz abgeschafft werden. Für das Abschaffen des Konfliktgrüns spricht die Regierung jedoch eine explizite Warnung aus, da längere Wartezeiten zu einem potenziell höheren Risiko durch Rotlichtüberquerungen führen könnten. Als Alternative werden längere Grünphasen für Fussgänger*innen und weitere Anpassungen genannt wie Mittelinseln und Poller.
Um die Umsetzung zeitlich realisieren zu können, wurde die ursprüngliche Umsetzungsfrist von zwei auf vier Jahre erhöht.
Lavinia Beck
Sekretariat Starke Schule beider Basel
20.04.2025
Die Schulen stecken in der Digitalisierungsfalle
Der Lehrplan 21 schrieb es vor: ICT (Informations- und Kommunikationstechnologien) sollten ab 2015/2016 obligatorisch an den Primarschulen eingeführt werden. Die Kantonsparlamente verabschiedeten daraufhin Millionenbudgets für die Digitalisierung der Schule – wohl ahnend, dass dies der Institution Schule schadet.

Inzwischen haben die Bildungsverwaltungen ihre ICT-Dampfer auf Kurs gebracht und während der Corona-Pandemie richtig Fahrt aufgenommen. Wenn der Kurs solcher Bildungsfrachter einmal festgelegt ist, lassen sie sich kaum mehr wenden. Vor ein paar Wochen kündigte die Berner Bildungsdirektion an, weitere 22 Millionen Franken in die Schulinformatik zu investieren: Ab der 3. Klasse soll jedes Kind ein eigenes Gerät erhalten, damit es nicht mehr mit einem Mitschüler teilen muss. Noch mehr Isolation, noch mehr Einzelbeschäftigung mit einem seelenlosen Gerät.
Es geht längst nicht mehr darum, Lehrern den Alltag zu erleichtern, indem man das alte Lehrerbuch durch einen Computer ersetzt oder die klassische Rundtelefonliste durch einen Schul-Messenger. Nein, auch die Schüler müssen auf Kurs gebracht werden: Sie sollen Rechnungsaufgaben auf Tablets lösen, ihre Turnübungen filmen und die Dateien dem Lehrer übermitteln – anstatt sie in der Turnstunde vorzuführen. Ob das sinnvoll ist oder nicht, wird in den behördlichen Strategiepapieren zur Digitalisierung der Volksschule nicht erörtert. Man will ja zur «Schule der Zukunft» gehören.
Tragweite nicht erkannt
Die Lehrer-Schüler-Beziehung bleibt die unverzichtbare Grundlage für gute Zukunftsperspektiven der Schülerinnen und Schüler. Doch genau diese Bildungssäule wird durch die Digitalisierung untergraben. In Ländern wie Schweden oder Dänemark, die diesen papierlosen Kurs eingeschlagen haben, ist deshalb eine Kurskorrektur eingeleitet worden.
In der Schweiz ist aber die Tragweite der Digitalisierungs-Euphorie – die Entfremdung zwischen Lehrern und Schülern, der Abbau familiärer Beziehungen mit schwerwiegenden Folgen für die Sprachkompetenz – vielen noch gar nicht bewusst. Stattdessen fordert man lediglich ein Verbot von TikTok oder eine Reduzierung der Handynutzung, während die Kinder im Unterricht vor noch grössere Bildschirme gesetzt werden.
Dabei ist unter Pädagogen unbestritten: Ein Primarschüler lernt nachhaltiger, wenn er mit dem Revierförster über den Feldhasen spricht und seinen Vortrag handschriftlich vorbereitet, als wenn er eine Internetrecherche per Copy-Paste zusammenstellt und mit PowerPoint präsentiert.
Unwohlsein vieler Lehrer
Wohl ist es vielen Primarlehrerinnen und Primarlehrern nicht. Sie versichern in den Medien, für einen «vernünftigen Umgang» mit ICT zu sorgen, während sie von Lehrmittelverlagen und Verwaltungen dazu gedrängt werden, die Kinder mit digitalen Aufgaben zu versorgen – aus teuren Lehrmitteln, an denen die Verlage sich satt verdienen.
An eine Kurskorrektur ist derzeit kaum zu denken. Statt einer ausgewogenen Digitalisierung treibt man die Schulen weiter in die Abhängigkeit von digitalen Systemen und ihrer Lehrmittelverlage. Wäre es nicht sinnvoller, den Fokus der Primarschule auf grundlegende Fähigkeiten wie Handschrift, Sprache und persönliche Interaktion zu legen? Statt Kinder frühzeitig an Bildschirme zu binden, sollten wir ihnen im jungen Alter die Möglichkeit geben, im zwischenmenschlichen Austausch zu lernen.
Berufsvorbereitung
Natürlich müssen Schüler auf die digitale Berufswelt vorbereitet werden – doch das muss nicht in der Primarschule geschehen. Die Sekundarstufe wäre der richtige Ort, um gezielt digitale Kompetenzen zu vermitteln, wenn Schüler alt genug sind, Technik reflektiert einzusetzen. Anstatt Erstklässler ans Tippen zu gewöhnen, sollten wir ihnen Zeit geben, grundlegende Kulturtechniken zu festigen. Andere Länder haben längst erkannt, dass eine unkritische Digitalisierung die Bildungsqualität gefährden kann. In Schweden beispielsweise wird wieder stärker auf gedruckte Lehrmittel gesetzt, um die Lesekompetenz zu verbessern. Wir sollten eine ernsthafte Debatte führen, bevor wir weiter in eine technisierte Schulwelt steuern, die mehr Kosten als Nutzen bringt.
Das Lehrernetzwerk Schweiz unterstützt darum Digitalisierungs-Stopp-Initiativen, wie sie im Kanton Luzern für kommenden Herbst angedacht sind. In unserem Positionspapier sprechen wir uns für einen behutsamen und massvollen Umgang mit der Digitalisierung mit Fokus auf die Berufswelt aus.
Daniel Wahl
Journalist, Lehrnetzwerk Schweiz
15.04.202
Petition: Verdoppelung der Studiengebühren stoppen
Die geplanten Sparmassnahmen des Bundes treffen die Studierenden hart. Sie führen zu massiven Budgetkürzungen im Bildungsbereich und einer drastischen Erhöhung der Studiengebühren.
Wenn diese umgesetzt werden, werden die Studiengebühren an Universitäten und Hochschulen in der Schweiz verdoppelt – für Studierende aus dem Ausland sogar vervierfacht. Diese Massnahmen gefährden den Zugang zu den Hochschulen und sind ein direkter Angriff auf Chancengleichheit und die Zukunft der Schweiz.
Deshalb fordert der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) mit einer Petition: Stoppt die Verdoppelung der Schweizer Studiengebühren und wahrt die Chancengleichheit!
Als nationale Dachorganisation der Studierendenschaften setzt sich der VSS für ein faires, öffentlich finanziertes Hochschulsystem ein. Er vertritt die Interessen von rund 140’000 Studierenden und kämpft für einen gerechten Zugang zur Bildung.
Warum müssen wir jetzt handeln?
- Bedrohung der Chancengleichheit: Höhere Studiengebühren schliessen Studierende mit geringem Einkommen aus, unabhängig von ihren akademischen Fähigkeiten.
- Risiken für Innovation und Wirtschaft: Die Budgetkürzungen gefährden die Position der Schweiz als Bildungs- und Forschungsexperte, was die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt.
- Verschlechterung der Qualität von Lehre und Forschung: Ohne ausreichende Finanzierung leidet die Qualität der Lehre und Forschung, was die Wettbewerbsfähigkeit schwächt.
- Längere und teurere Studien: Studierende müssen mehr arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren, was ihren akademischen Weg verlängert und ihre berufliche Eingliederung verzögert.
Unterzeichnen Sie die Petition. Den Unterschriftenbogen können Sie hier unterzeichnen.
Teile sie mit deinem Umfeld und lass uns gemeinsam gegen diese ungerechten Erhöhungen kämpfen und ein gerechtes und qualitativ hochwertiges Bildungssystem bewahren.
Orlane Brechbühl
Hochschulpraktikantin
Die Starke Schule beider Basel empfiehlt die Petition zu unterschreiben. |
11.04.2025
Unikum in der Schweiz: Gesetzeslücke in Baselland
Im Kanton Basel-Landschaft können Schulleiter/-innen Mitarbeitende mit vagen Verwarnungen unter Druck setzen, ohne dass Betroffene rechtlich dagegen vorgehen können. Ein fragwürdiges Gesetz schafft ein Machtungleichgewicht, das Grundrechte infrage stellt. Brisant: Von zwölf überprüften Kantonen ist das Baselbiet der einzige Kanton, in welchem Verwarnungen gegen Mitarbeitende nicht anfechtbar sind (siehe folgende Tabelle)
Übersicht Anfechtbarkeit mit Probezeit und Kündigungsandrohung
Baselland hat ein willkürliches System
Das Personalgesetz Basel-Landschaft erlaubt es Vorgesetzten, Mitarbeitende im Rahmen sogenannter nicht-disziplinarischer Führungsmassnamhen zu sanktionieren. Weil Verwarnungen keinen Verfügungscharakter haben, können sie rechtlich auch nicht angefochten werden (vgl. Personalverordnung 150.11, §15, Abs. 3). Angestellte, also auch Lehrpersonen im Dienste des Kantons, sind dem Verwarnungs-Regime ihrer Vorgesetzen völlig ausgeliefert.
Wenn nun ein Schulleiter oder eine Schulleiterin in der Verwarnung gegen eine Lehrperson unter den Zielvorgaben festhält, dass jene während der Probezeit «weniger Problemsituationen schaffen» oder in bestimmten Situationen «adäquater reagieren» soll, dann liegt es am Ende der Probezeit ausschliesslich im Ermessen des oder der Vorgesetzten darüber zu entscheiden, ob der oder die Verwarnte die Vorgaben erfüllt hat.
Vorgesetzte als Richter/-in in eigener Sache
Schulleitende werden im Rahmen eines solchen Systems zu Anklagenden, indem sie Mitarbeitende mit Vorwürfen belasten und gravierende Konsequenzen wie die Kündigung bei Nichterfüllung der von ihnen definierten Vorgaben androhen, und gleichzeitig sind sie die alleinigen Richter/-innen, die darüber entscheiden, ob der oder die Mitarbeitende die Probezeit am Ende «bestanden» hat.
Existenz auf dem Spiel
Dieses Willkür-Regime ist für einen Rechtsstaat besonders unwürdig, weil es für Betroffene existenzbedrohend sein kann. Es handelt sich um ein System, das Macht ohne Grenzen zulässt. Wenn verwarnten Angestellten schliesslich die Stelle gekündigt wird, was eben im alleinigen Ermessen ihrer Vorgesetzten liegt, dann verlieren sie ihre materielle Existenzgrundlage. Jurist/-innen sehen hier Verstösse gegen das allgemeine Rechtsstaatsprinzip (Bundesverfassung, Art. 5) Verstösse gegen den Schutz vor Willkür (Bundesverfassung, Art. 9) und gegen das Recht auf rechtliches Gehör und faires Verfahren (Bundesverfassung, Art. 29)
Signalwirkung
Nicht zu unterschätzen ist auch die Signalwirkung, welche die Nichtanfechtbarkeit von Verwarnungen unter Umständen bei gewissen Schulleiterinnen und Schulleitern entfaltet: Wenn Vorgesetzte wissen, dass gegen die von ihnen verhängten Disziplinarmassnahmen a priori keine Rechtsmittel eingelegt werden können, brauchen sie sich auch nicht sonderlich darum zu bemühen, faire, dem Verhältnismässigkeitsprinzip genügende und im Zweifelsfall rechtssichere Massnahmen zu ergreifen.
Fazit
Der Kanton Basel-Landschaft sieht sich selbst gerne als fortschrittlicher Kanton und als vorbildlicher Arbeitgeber. Umso stossender ist es, dass im Baselbiet – im Gegensatz zu allen anderen überprüften Kantonen – Vorgesetzte im öffentlichen Sektor ihre Mitarbeitenden nach Belieben verwarnen und mit Kündigung bedrohen können, ohne dass jene sich rechtlich dagegen zur Wehr setzen können. Es bedarf dringend einer Anpassung im Personalgesetz, damit die Grundrechte der Angestellten gewahrt bleiben und willkürliche Verwarnungen aufgehoben werden können, so wie dies auch in allen anderen Kantonen möglich ist.
Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel
30.03.2025
Konstruktiver Austausch BKSD – SSbB
In regelmässigen Abständen findet zwischen der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD), dem Amt für Volksschulen (AVS) und der Starken Schule beider Basel (SSbB) ein informativer und konstruktiver Austausch statt. Am Treffen vom 17. März nahmen teil Regierungsrätin Monica Gschwind (BKSD), Generalsekretär Severin Faller (BKSD), Beat Lüthy (Leiter Amt für Volksschulen), Anahi Sidler (SSbB) und Jürg Wiedemann (SSbB).
Am Treffen wurden folgende Themen diskutiert:
- Sparmassnahmen an den Sekundarschulen
- Bisherige Erfahrungen mit dem Systemwechsel: Anstellungsbehörde ist neu die Schulleitung und nicht mehr die Schulräte
- Aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung an den Volksschulen.
Sparmassnahmen an den Sekundarschulen
In Bezug auf die Sparmassnahmen kam zur Sprache, dass die BKSD ein Budget von jährlich einer Milliarde Franken zur Verfügung hat und gemäss der Finanzstrategie 2024-2027 des Regierungsrats kumuliert über vier Jahre 136 Millionen – d.h. rund 34 Millionen jährlich – einsparen muss. An den Sekundarschulen sollen mittels Stundenabbau (2 Lektionen in den 2. und 3. Klassen) und durch Streichung des Halbklassenunterrichts im Fach «Medien und Informatik» 14 Millionen eingespart werden. Durch diese Reduktion der Stunden sollen die Jugendlichen gemäss Regierungsrätin Monica Gschwind «mehr Zeit und Raum für ausserschulische Aktivitäten» erhalten.
Beat Lüthy (Leiter Amt für Volksschulen) betont, dass zurzeit daran gearbeitet wird, «das Leistungsniveau A attraktiver zu gestalten». Man müsse in diesem Zusammenhang davon wegkommen, dass alle drei Leistungsniveaus die gleichen Stundentafeln haben sollen. In naher Zukunft würden «ausgearbeitete Vorschläge zur Stundenreduktion dem Bildungsrat vorgeschlagen».
Bisherige Erfahrungen mit dem Systemwechsel
Beim Thema Systemwechsel hat die SSbB die Sorge geäussert, das neue System führe dazu, dass sich Lehrpersonen in ihrem Unterricht eingeschränkt fühlen. Sie müssten mit der Angst leben, willkürliche und nicht anfechtbare Verwarnung erhalten zu können, wenn sie in der Schule zu kritisch sind, Entscheide der Schulleitung hinterfragen oder methodisch-didaktisch nicht so unterrichten, wie es die Schulleitung bevorzugt. Da dieses neue System erst seit Juni in Kraft ist, hat die BKSD gemäss Regierungsrätin Monica Gschwind «noch nicht viele Rückmeldungen erhalten», weshalb es schwierig sei, die Lage zum jetzigen Zeitpunkt definitiv zu beurteilen. Die Bildungsdirektorin betont die Wichtigkeit der «methodischen und didaktischen Freiheit der Lehrpersonen», unabhängig davon, wer die Anstellungsbehörde ist. Auch unterstreicht die BKSD, dass die Aufgabe des Schulrats sei, bei Differenzen «eine Vermittlerrolle zwischen Lehrpersonen und Schulleitung einzunehmen» Die Schulleitungen seien auf die neue Aufgabe vorbereitet und entsprechend geschult worden.
Aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung an den Volksschulen
Der letzte Punkt des Austauschs bezog sich auf die Digitalisierung und um die Frage wie diese in Zukunft in den Klassenräumen geregelt werden soll. Entscheidend ist, dass «digital und analog immer zusammen einhergehen sollen», wie Monica Gschwind betonte. Es sei nicht das Ziel «auf eine komplette Digitalisierung umzustellen», das «analoge Handwerk» solle im Schulalltag weiterhin einen gewichten Raum einnehmen. Innerhalb der BKSD gäbe es stetig Diskussionen, wie die Digitalisierung in den Schulen künftig gehandhabt wird.
Das nächste Treffen ist direkt nach den Sommerferien auf den 19. August angesetzt.
Anahi Sidler
Sekretariat Starke Schule beider Basel
29.03.2025
Umfrage: Grosse Mehrheit für ein Verbot von Social Media
In Australien ist ein Verbot von Social Media für Jugendliche unter 16 Jahren beschlossene Sache, in der Schweiz sind die Diskussionen darüber allgegenwärtig. Ständerätin Maya Graf fordert in einem politischen Vorstoss ein Verbot für unter 16-jährige. Bundesrat und Parlament zeigen sich offen: Der Ständerat überwies kürzlich den Vorstoss zur Prüfung des Anliegens gar einstimmig an den Bundesrat.
Auch die Resultate einer von der Starken Schule beider Basel (SSbB) durchgeführten Umfrage in den letzten zwei Wochen, an der 951 Personen teilnahmen, könnten nicht deutlicher sein. Rund 83% der Umfrageteilnehmenden sind im Lehrberuf tätig.
Grosse Mehrheit für ein Verbot von Social Media
83.5% sprechen sich für ein Verbot von Instagram, Tiktok, Snapchat usw. für Jugendliche aus, lediglich 14.9% sind dagegen (siehe Grafik).

Auch die Resultate, für welches Alter ein Verbot gelten solle, sind eindeutig: 59.9% befürworten ein Verbot für unter 16-jährige, 31.0% ein solches für Jugendliche unter 14 Jahren. Die anderen Altersgruppen, zum Beispiel ein Verbot bis 12 Jahren, wurden kaum gewählt (siehe Grafik).

Konzentrationsabnahme durch Nutzung sozialer Medien
Seit längerer Zeit werden von Lehrpersonen und Eltern Stimmen laut, welche auf die negativen Folgen einer extensiven Nutzung von Social Media hinweisen: Konzentrationsverminderung und Abnahme der schulischen Leistungen sind zwei regelmässig genannte Folgen. Um dies zu widerlegen oder zu bestätigen, enthielt die Umfrage zwei entsprechende Fragen. Auch hier könnten die Resultate kaum eindeutiger sein:
90.8% der Umfrageteilnehmenden gaben an, dass das übermässige Nutzen von Social Media zu einer Abnahme der Konzentration führt. Lediglich 2.6% ist der Ansicht, Social Media hätte keinen Einfluss auf die Konzentration (Grafik 3).

Auch die Resultate betreffend der Frage, ob die übermässige Nutzung von Social Media einen positiven oder negativen Einfluss auf die schulische Leistung habe, sind deutlich: Für 82.0% der Umfrageteilnehmenden nimmt die schulische Leistung aufgrund einer übermässigen Nutzung von Social Media ab (siehe Grafik).

Fundierte Aufklärung statt umfassendes Verbot findet wenig Unterstützung
Rund 29.3% der Umfrageteilnehmenden würden eine fundierte Aufklärung über Risiken und Gefahren von Social Media bevorzugen, während 67.0% sich für ein klares Verbot aussprechen.

Vor- und Nachteile eines Verbots
Anhand eines Prosatextes hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Vor- und Nachteile eines Social Media-Verbots zu notieren. 585 Personen machten davon gebrauch.
Bei den Vorteilen eines Verbots wurden folgende Punkte sehr häufig genannt: Die Jugendlichen wären weniger dem sozialem Druck ausgesetzt, Mobbing und Anfeindungen könnten vermindert werden. Ein Verbot würde dazu führen, dass soziale Interaktionen zwischen den Jugendlichen wieder mehr im Vordergrund gestellt würden. Die Konzentrationsfähigkeit würde zunehmen und im Gegenzug die psychische Belastung vermindert werden.
Bei den Nachteilen des Verbots wurde ein Aspekt mehrfach genannt: Würde Social Media verboten, so würden die Jugendlichen den Umgang damit nicht lernen. In der heutigen Zeit sei das frühe Aneignen der Medienkompetenzen wichtig.
Vorstand der Starken Schule beider Basel befürwortet Verbot
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen eine klare Tendenz: Eine überwältigende Mehrheit begrüsst ein Verbot von Social Media für Jugendliche unter 16 Jahren. Dieses Verbot befürwortet auch der Vorstand der Starken Schule beider Basel.
Die Bedenken hinsichtlich Konzentrationsverminderung und negativer schulischer Auswirkungen sind weit verbreitet. Während einige argumentieren, dass Medienkompetenz früh erlernt werden sollte, steht für die Mehrheit der Schutz der Jugendlichen im Vordergrund. Die Diskussion über ein mögliches Verbot bleibt damit hochaktuell und wird in Politik und Gesellschaft weitergeführt.
Anahi Sidler
Sekretariat Starke Schule beider Basel
25.03.2025
Unterrichtsfeedback – Werkzeug oder Waffe
Schüler/-innen-Feedback kann Lehrpersonen helfen, ihren Unterricht zu verbessern – doch wenn es zur Bewertung von Pädagoginnen und Pädagogen mit disziplinarischen Konsequenzen genutzt wird, wird es zum Risiko. Die Ambivalenz liegt in der Nutzung: Formativ ein Gewinn, summativ ein Problem.
Ein Spiegel für den Unterricht
Schüler/-innen-Feedback ist hilfreich, um Unterricht dynamisch zu gestalten. Direkte Rückmeldungen zu Methoden, Tempo oder Verständlichkeit ermöglichen es Lehrpersonen, Stärken zu erkennen und Schwächen anzupassen. Beispielsweise kann eine Lehrkraft nach einem Feedbackgespräch interaktivere Lerneinheiten einführen, wenn Schüler/-innen sich mehr Beteiligung wünschen. Hier dient das Feedback als kommunikative Brücke – es schafft Dialog, fördert Vertrauen und unterstützt eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung.
Schüler/innen als Laien – Grenzen der Aussagekraft
Problematisch wird es, wenn Feedback nicht der Entwicklung dient, sondern zur Leistungsbewertung der Lehrperson herangezogen wird – etwa für dienstrechtliche Entscheidungen. Schüler/-innen sind keine professionellen Gutachter/-innen in pädagogischen und didaktischen Fragen. Ihre Einschätzungen basieren auf subjektiven Erfahrungen, Sympathie oder kurzfristigen Eindrücken. Eine Studie der Universität von Groningen (NL) zeigt, dass junge Lernende in der Regel jene Lehrer/-innen deutlich höher bewerten, die wenig Leistung verlangen und gleichzeitig durchwegs gute Noten verteilen, und letzteres eben speziell auch dann, wenn der Lernerfolg sehr bescheiden bleibt (https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/01973533.2020.1756817#abstract). Solche Kriterien taugen nicht für Personalentscheidungen.
Kinder und Jugendliche können zwar beschreiben, wie sie Unterricht erleben, aber sie haben kein umfassendes Verständnis von Didaktik oder langfristigen Lernzielen. Ein negatives Feedback könnte etwa entstehen, weil eine Lehrperson konsequent Leistung einfordert – was langfristig sinnvoll, kurzfristig jedoch unpopulär ist. Zudem sind Schüler/-innen anfällig für Gruppendynamiken oder gezielte Manipulation, etwa wenn eine Klasse eine Lehrperson provozieren möchte.
Instrumentalisierung durch Schulleitungen: Ein Machtspiel
Besonders heikel ist, wenn Schulleitungen Feedback systematisch nutzen, um unliebsame Lehrpersonen zu disziplinieren. Indem sie Schüler/-innen gezielt nach Kritik fragen oder Auswertungen einseitig interpretieren und so scheinbare „Beweise“ konstruieren. Dies missbraucht die Stimme der Lernenden als Mittel zum Zweck – ein klarer Verstoss gegen Fairness und pädagogische Ethik. Solche Praktiken vergiften das Schulklima und untergraben die Autorität der Lehrperson.
Fazit: Verantwortung liegt bei den Institutionen
Schüler/-innen-Feedback ist ein zweischneidiges Schwert: Es kann inspirieren oder verletzen, fördern oder schaden. Entscheidend ist der Umgang damit. Als Impulsgeber für den Unterricht, wenn durch die Lehrpersonen selbst initiiert, kann es wertvoll sein, als Richter über Pädagoginnen und Pädagogen ist es denkbar ungeeignet. Eine Kultur des Dialogs statt der Abrechnung, ein Fokus auf Entwicklung statt auf Defizite – das sollte das Ziel sein.
Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel
22.03.2025 - Gastbeitrag
Das Handy und die sozialen Medien – ein Fluch?
Handys in Schulen verbieten! Dieser Ruf ertönt immer lauter und etliche Schulen setzen ein rigoroses Handyverbot während der schulischen Präsenzzeit ihrer Schülerinnen und Schüler bereits um. Parlamente diskutieren, kantonale Verordnungen sind geplant oder bereits in Kraft – ja selbst der Bundesrat berät. Auch international tut sich einiges. Länder wie z. B. Dänemark oder Australien haben bereits rigoros reagiert. Wie soll es aber bei uns weitergehen?
Hirnkiller Handy?
Die Meldungen besorgter Lehrpersonen zur verminderten Konzentrationsfähigkeit der von ihnen unterrichteten Schülerinnen und Schüler sind ernst zu nehmen. Neben der z.T. stark reduzierten Aufmerksamkeitsspanne kommt eine Haltung der Betroffenen dazu, die ständig nach Belohnung verlangt bei minimaler Eigenaktivität. Konsumverhalten im exponentiellen Grad.
Doch die Aufmerksamkeit Jugendlicher ist auch ohne direkte Interaktion mit dem Handy beim Handy. Ständige Erreichbarkeit und der Druck, es allen recht machen zu machen, die «etwas» von einem wollen, ist ein hypermaximaler Stressor. Und nicht nur das: Auch die permanente Angst im Nacken, irgendwie von irgendjemandem lächerlich gemacht zu werden – Mobbing hat seit dem Aufkommen der sozialen Medien eine neue Dimension erreicht.
Wer kann sich so noch auf das Lernen im Unterricht konzentrieren? Entspannt?
Mein pädagogisches Credo während meiner ganzen Zeit als Lehrer war, Einsicht zu schaffen. Das hat allermeistens und letzten Endes sehr gut funktioniert. Doch mit der geballten Ladung an Einfluss durch elektronischen Müll wie Tiktok u. ä. ist diese hehre Haltung überholt – das Suchtpotential all der Einflüsse von aussen ist gigantisch.
Kinder und Jugendliche sind in ihrer Entwicklung noch nicht so weit, dass sie eine Eigenkorrektur punkto Handykonsum ohne weiteres vornehmen können. Zu viel Peergroup hängt mit drin. Die sozialen Medien, die so gesehen eben überhaupt nicht sozial sind, verhindern einerseits korrigierendes Verhalten und tragen andererseits zu einer permanenten Infantilisierung bei, auch bei (labileren) Erwachsenen übrigens. Das zeitigt gesellschaftliche Folgen.
Man darf sich gerne einmal fragen, wer und was eigentlich dahintersteckt – welche Agenda im Hintergrund abläuft?
An den Schulen besteht Handlungsbedarf
Der Handlungsbedarf scheint inzwischen unbestritten. Eltern sind bisweilen beinahe machtlos und können ja auch nicht permanent kontrollieren, was ihre Sprösslinge tun. Dass das Handy, wie an vielen Schulen bereits Usus, während der gesamten Unterrichtszeit ruht (heisst abgeschaltet in der Schultasche versorgt oder gar zentral abgegeben ist), ist kein Unterrichtsnachteil. Für Recherchen oder das Fotografieren stehen inzwischen fast flächendeckend Tablets zur Verfügung, die allerdings den Zugriff auf entsprechende soziale Medien nicht erlauben sollten. Letzteres ist leider nicht überall der Fall. Somit entsteht die paradoxe Situation, dass an den Schulen Handys verboten sind, die Tablets aber zumindest teilweise das erlauben, was man mit einem Handyverbot eliminieren wollte. Die digitale Schlange frisst sich selbst auf…
Was tun? Muss es der Staat richten?
Ich denke, dass die Handy-Epidemie inzwischen ein derartiges Ausmass angenommen hat, dass staatliche Vorgaben unumgänglich werden. Ich war als Lehrer zwar froh, dass in Lagern die Schüler über einen Gruppenchat erreichbar waren. Dasselbe bei Gruppenarbeiten im Freien. Doch nun scheint das nicht mehr möglich, die elektronische Korrumption hat überhandgenommen.
Zu Recht wird über ein generelles Handyverbot für Kinder und Jugendliche bis 14 oder gar 16 nachgedacht, was zwar eine sehr einschneidende Massnahme wäre. Den Zugang dieser Altersgruppen für gewisse Applikationen zu beschränken oder gar zu verunmöglichen, wäre aber zumindest ein erster wichtiger Schritt.
Daniel Vuilliomenet
Pensionierter Sekundarlehrer
16.03.2025
Social Media – gesellschaftlicher Zerfall droht
Am Beispiel der Social Media-Plattform TikTok zeigt der ehemalige Microsoft Mitarbeiter und britisch-indische Autor Gurwinder Bhogal die Gefahren von Social Media für die westliche Welt auf. Demnach würde TikTok einerseits als geopolitisches Werkzeug und andererseits auch als eine Art Waffe genutzt. Folgend zusammengefasst seine Publikation:
Weitreichende Schäden
Bhogal argumentiert, dass TikTok die Aufmerksamkeitsspanne der Nutzenden reduziert. Das Suchtpotenzial sei durch die immer wiederkehrenden Dopaminrausche enorm hoch. Auf der sogenannten «For you page» würden nur Inhalte gezeigt, die vom Algorithmus für die Nutzenden ausgewählt wurden, um deren Aufmerksamkeit zu fesseln. Da diese App hauptsächlich von der Generation Z und Alpha genutzt würde, seien junge Leute stark betroffen. Folglich bestünde einerseits die Gefahr, dass eine Generation von passiven, auf sofortige Belohnung fixierten und kognitiv geschwächten Individuen geschaffen würde. Andererseits sei die Fähigkeit junger Menschen, Inhalte kritisch zu hinterfragen und Perspektivenwechsel zu betreiben, noch in der Entwicklung. Deshalb gäbe es durch solche Algorithmen, die junge Menschen nur noch in der eigenen Meinung bestärken und Gleichgesinnte vereinigen, eine Gefahr und eine Tendenz der Radikalisierung. So stark wie Social Media daher als Ablenkung und Ausweg aus dem Alltagsstress diene, würde sich ebenso eine polarisierende Wirkung beobachten lassen.
Langfristig drohe jedoch ein intellektueller Zerfall, welcher die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität des Westens gefährde. Der Kapitalismus sei eben darauf ausgelegt, den Konsumierenden immer mehr davon zu liefern, was sie glücklich machen würden; in diesem Fall Social Media in Form von kürzesten Clips, die möglichst wenig Denkleistung erfordern und möglichst viel Dopamin erzeugen. Deshalb sei TikTok beispielsweise als Selbstzerstörungswaffe des Westens bezeichnend.
Kontrolle in China - Douyin
TikTok ist eine chinesische Plattform, deren Inhalte international exportiert werden. Unterstreichen müsse, so Bhogal, dass Themen zensuriert würden, die Peking oder der Partei missfallen. In China selbst würde hingegen stark gegen das sogenannte «Tittytainment» vorgegangen. «Dekadente» Inhalte müssen von den Betreibern beseitigt werden.
Den eigenen Nachwuchs «schützt» China vor TikTok mit einem Verbot. Stattdessen wird die Plattform Douyin genutzt, welche unter anderem wissenschaftliche Experimente und Lernvideos zeige. Die Nutzungszeit für Kinder sei auf 40 Minuten pro Tag begrenzt und die App sei von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens nicht zugänglich.
Die Lösung
Eine einfache Lösung für dieses grossflächige und vor allem mittlerweile tief verankerte Problem zu finden scheine unmöglich. Dennoch soll die Demokratie ein Vorteil sein, in dem die Eltern selbst die Verantwortung für ihre eigenen Kinder tragen würden. Es gäbe zahlreiche Kindersicherungen, welche App-Zugänge regeln und somit die Durchsetzung elterlicher Vorgaben und Erziehungsstrategien unterstützen würden.
Langfristig gesehen helfe nur, das Wissen über die möglichen individuellen und gesellschaftlichen Schäden zu fördern. Folglich solle ein Effekt wie beim Rückgang des Zigarettenkonsums erzielt werden, nämlich die Erkenntnis der schädlichen Folgen und dadurch der eigenständige Verzicht.
Zusammengefasst könne TikTok eine "Selbstmordwaffe" für den Westen sein, da es eine Generation heranziehe, die durch ständige Ablenkung und die Jagd nach sofortiger Belohnung in ihrer geistigen und kulturellen Entwicklung zurückbliebe. Es sei deshalb unabdingbar, die Kinder zu schützen, um einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken. In welcher Form dies geschehen soll, sei politisch jedoch umstritten.
Lena Bubendorf
Vorstand Starke Schule beider Basel
[Quelle: https://unherd.com/2025/01/tiktok-weapon-of-mass-distraction/ ]
14.03.2025
Leserzuschriften zu den Themen Social Media und Handyverbot
Vor kurzem haben wir auf der Webseite der Starken Schule beider Basel (SSbB) einen Artikel zum Verbot von Social Media für unter 16-jährige veröffentlicht. Zeitgleich startete die SSbB eine Umfrage zu den beiden Themen Social Media und Handyverbot. In den vergangenen Tagen erhielten wir zu diesen beiden Themen mehrere Leserbriefe, die wir gerne abdrucken.
Verantwortungsbewusste Politik verdient unsere Unterstützung
Es überrascht schon ziemlich, dass nicht gleich appelliert wird, die Schule habe wie im Fall von Social Media eine aus dem Ruder gelaufene gesellschaftliche Entwicklung mit Aufklärungsarbeit zu korrigieren. Meistens hat die Schule als Reparaturwerkstätte unserer Gesellschaft dann einzugreifen, wenn der Jugendschutz nicht mehr gewährleistet ist. Suchtprävention, Gewaltverhinderung, Gesundheitsvorsorge und vieles mehr sind in den letzten Jahren als Präventionsprogramme sofort an die Schule delegiert worden.
Als eigentliche Seismografen auf dem Gebiet der jugendlichen Entwicklung können Lehrpersonen ein Lied davon singen, dass die Konzentrationsfähigkeit der Schüler mit dem Aufkommen der Sozialen Medien und der Computerspiele laufend abgenommen hat. Eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne, weniger Ausdauer und eine oft chronische Übermüdung vieler Teenager sind heute nicht mehr zu übersehen.
Doch erst die Aufrufe besorgter Kinderärzte über eine auffallende Zunahme psychischer Erkrankungen und schwerer Verhaltensstörungen bei Jugendlichen haben die Politik aufgeschreckt. Grund zur berechtigten Sorge ist für viele die Vorstellung, dass es mit den Leistungen unserer Schüler weiter bergab gehen könnte. Offensichtlich wurde auch erkannt, dass die Schule dem gewaltigen Einfluss der Sozialen Medien allein wenig entgegensetzen kann. Ohne gesamtgesellschaftliche Unterstützung stände sie auf verlorenem Posten.
Eine verantwortungsvolle Politik für eine untere Altersgrenze bei den Sozialen Medien gilt es zu unterstützen und verlockende Umgehungsmassnahmen sind klar abzulehnen. Gut gemeinte Aufklärung über die Gefahren von Social Media ist kein Ersatz für eine Alterslimite von 16 Jahren. Jugendliche Gehirne entwickeln erst im späteren Teenageralter die volle Fähigkeit, mit Informationen kritisch umzugehen und dem Gruppendruck zu widerstehen. Ein Verbot wird zwar nie hundertprozentig durchgesetzt werden können. Aber es wird bei den meisten Jugendlichen zu einer gesünderen psychischen Entwicklung beitragen und den Schulalltag spürbar entlasten.
Hanspeter Amstutz
Ehemaliger Primar- und Sekundarschullehrer
Soziale Medien sind für Jugendliche Fluch und Segen
Einerseits vereinfachen sie Kontakte, Absprachen, ständigen Austausch und schaffen damit eine soziale Dauerpräsenz der Beteiligten. Allerdings ist dies nur eine medial vermittelte Präsenz, letztlich eine Vortäuschung des Gruppenerlebnisses mit Avataren. Diese vermittelte Sozialität ist menschlich unvollständig, oft eine Art Rollenspiel, sie ist nur Ersatz für tatsächliche Präsenz und birgt wie alle Ersatzbefriedigungen Suchtgefahr. Anderseits leisten die sozialen Treffpunkte auch eine gesteigerte Möglichkeit zu unsozialem Verhalten: Ausgrenzung, Diskriminierung, Erniedrigung, Mobbing. Die Öffentlichkeit, welche die Medien schaffen, potenziert die negative Wirkung solcher Praktiken, da sie nicht mehr auf einzelne Mitglieder einer Gruppe beschränkt sind, sondern das Opfer in aller medialen Breite zur Schau stellen. Angegriffene können auch nicht im direkten Austausch reagieren, sie müssen das Ungemach zunächst ohnmächtig über sich ergehen lassen. Ein Verbot während der frühen Teenagerzeit wäre deshalb eine bedenkenswerte Schutzmassnahme. Ob sie allerdings durchsetzbar und nicht leicht technisch zu umgehen ist, bleibt für mich fraglich.
Felix Schmutz
e.Sekundarlehrer
Social Media – die Droge der Jugend
Alkohol und Tabak sind wie selbstverständlich für unter 16-jährige verboten. Warum ist das mit Social Media nicht der Fall? Bereits vor einem Jahr hat der Hirnforscher Manfred Spitzer ein Interview mit dem Namen «Stoppt die Digitalisierung von Schulen» gegeben. Darin hält er fest, wie schädlich sich generell die Nutzung digitaler Medien auf die Gehirnentwicklung und Konzentrationsfähigkeit auswirkt und welches Suchtpotenzial sie haben, aber auch wie die Social Media zu sozialen Problemen führen und radikalisieren. Bei Jugendlichen muss man bedenken, dass Fähigkeiten wie Perspektivenwechsel und Gefahrenabschätzung erst noch in der Entwicklung sind. Umso wichtiger ist die Regulierung des Konsums von Social Media, damit unsere Kinder vor deren Nutzung ein Verständnis für ihr Gefahrenpotenzial und Empathie entwickeln.
Problematisch würde bleiben, dass viele Filme und Videospiele, die Gewalt verherrlichen und Challenges wie auf TikTok enthalten, immer noch frei zugänglich sind, weshalb die sozialen Probleme weiterhin bestehen würden.
Kathrin Zimmermann
Vorstand Starke Schule beider Basel
Social Media – Fluch oder Segen?
Grundsätzlich bin ich immer skeptisch, wenn es um neue gesetzliche Regelungen geht. Die Regelungen, die unser tägliches Leben bestimmen, werden immer dichter. Ist es so, dass unsere moderne Gesellschaft nur funktioniert, wenn die Dichte der verschiedensten Regelungen zunimmt? Könnten auch Regelungen abgeschafft werden? Könnte der gesunde Menschenverstand mithelfen, mit weniger Regelungen auszukommen?
Es macht mich traurig, wenn ich beispielsweise in den Restaurants zusehen muss, wie sich offenbar gegenseitig bekannte Personen nicht mehr unterhalten, sondern nur ins iPhone starren. Es erschreckt mich, wenn beispielsweise Radfahrer*innen im dichten Strassenverkehr telefonieren; wenn vor Sitzungen oder öffentlichen Versammlungen das iPhone nicht automatisch abgeschaltet wird.
Schweren Herzens aber der Vernunft gehorchend unterstütze ich den Vorstoss von Ständerätin Maya Graf. Es fühlt sich an, als vor vielen Jahren die Anschnallpflicht im Auto eingeführt wurde. Damals eine zusätzliche Regelung, heute fast ein Automatismus. Wie lange wird es dauern, bis ein iPhone automatisch sinnvoll benutz wird?
Paul Hofer
e.Landrat FDP BL
09.03.2025
Was Widerstand von unten bewirken kann
Wieder segelte eine Reform unter der Devise «kompetenzorientiert statt wissensbasiert». Bei der Berufsbildung sollte darum die schriftliche Abschlussprüfung wegfallen. Gegen die Pläne aus Bundesbern regte sich erfolgreich Widerstand. Auch aus den Reihen der Parteien.
In der Schweizer Bildungspolitik gibt es so etwas wie einen geradezu euphorischen Rausch, der immerzu nach dem Neuen giert – und sich dadurch blind macht für das Bewährte, für das «alte Wahre». Davon hat Goethe noch gewusst. Eben: Kann in diesem «alten Wahren» nicht sogar mehr
Erfahrung und Weisheit stecken, als diejenigen träumen, die sich stets vom Neuen begeistern und verführen lassen? Nicht umsonst hat Erich Kästner vor den «ewig Morgigen» gewarnt. Doch vor den «ewig Gestrigen» fürchtete er sich ebenso. Auch in der Schule braucht es die konzentrierte und
stetige Suche nach dem wissenschaftlich als relevant erwiesenen Wichtigen. Doch dieses Ringen wird erschwert, wenn die Bildungspolitik – wie sie es in den vergangenen Jahren getan hat – nach immer Neuem und Aktuellem ruft, dabei fast jedem zeitgeistigen Modetrend folgt und den Unterricht so in Dauertrab und Atemnot bringt.
Gegen den Wegfall der Schlussprüfung
Bewährtes und Grundlegendes optimieren oder einfach umstrukturieren und Bestehendes aufheben? Das war auch bei der Reform der Berufslehre die Frage: Der Bund mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) wollte die schriftliche Lehrabschlussprüfung im allgemeinbildenden Unterricht (ABU) abschaffen. Nicht berufsspezifische Fragen stehen hier im Zentrum, sondern Themen und Grundlagen aus dem Bereich Deutsch, Gesellschaft und Politik, Wirtschaft und Recht. Sie sind wichtig und bilden das Wissensfundament für die intendierten Kompetenzen. Neben dieser Prüfung in den ABU-Fächern gibt es eine vertiefende Arbeit. Sie sollte künftig Newsletter «Starke Volksschule Zürich» vom 9. 3. 2025 Seite 12 stärker gewichtet und mündlich geprüft werden. Dafür hätte das schriftliche Schlussexamen verschwinden müssen. So das Reformvorhaben aus den Berner Beamtenbüros. Gegen die Elimination dieser Prüfung wehrten sich die Praktiker, allen voran der Zürcher Verband der Lehrkräfte in der Berufsbildung mit ihrem Präsidenten Konrad Kuoni. Der Wegfall der Lehrabschlussprüfung vor Ort schwäche den Stellenwert des allgemeinbildenden Unterrichts – und damit der gesamten Berufslehre, argumentierten die Berufsschullehrer. Zudem bestünde die Gefahr, dass die selbständige Hausarbeit leicht über KI oder mithilfe von ähnlichen Tools verfasst würde.
Prüfung beibehalten: breiter Sukkurs der Politik
Opposition kam auch aus der Politik. Ihre Meinung war klar und unmissverständlich. Alle Parteiensprachen sich für den Weiterbestand der Abschlussprüfung aus – mit Ausnahme der Grünen. Für sie bedeute das neue Konzept mit dem Wegfall des schriftlichen Schlussexamens eine Aufwertung, betonte die grüne Zürcher Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber. Mit der geplanten Reform scharf ins Gericht ging die FDP Schweiz. Für die Liberalen bedeutete die Reform das jüngste Kapitel in einer Reihe gescheiterter Bildungsexperimente; sie sprachen gar von einem Angriff auf die Berufslehre. «Die FDP stellt sich [darum] entschieden gegen die geplante Abschaffung der schriftlichen Abschlussprüfung im Allgemeinbildungsunterricht.» Gleich votierten die WBK-Kommissionen (Wissenschaft, Bildung und Kultur) des Nationalrats und des Ständerats; beide wollten die Schlussprüfung beibehalten. Die FDP plante für die Märzsession eine Motion.
Die andere Sicht des Staatssekretariats SBFI
Die Abschaffung der Schlussprüfung kam als Projekt aus dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Den Berufsschulen sollte es von oben und gegen den Willen ihrer Lehrerinnen und Lehrer aufoktroyiert werden. Es war aber nicht nur die Basis, die sich gegen die Reform stellte: Auch eine Mehrheit der Kantone, der Verbände, der Ämter und der Bildungsinstitutionen wehrte sich. Doch das SBFI hielt bis zuletzt eisern am geplanten Vorhaben fest. Der Exponent des Widerstandes, Konrad Kuoni, meinte: «Das ist, als würde man am Ende des Gymnasiums auf die Maturitätsprüfungen verzichten und lediglich auf Zeugnisnoten und Maturaarbeit setzen.» Wegleitend bei der Neukonzeption der Lehrabschlussprüfungen war die Idee der Kompetenzorientierung. Die Reform sollte sie «erhöhen», sagte Corinne Hadorn, Studiengangsleiterin ABU an der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB. Sie hat die Reform mitgeprägt. Entscheidend sei, dass man nicht mehr Wissen abfrage, sondern Kompetenzen prüfe, betonte sie.
Ohne Wissen kein Können
Mit dieser Aussage formulierte Hadorn eine unsägliche Dichotomie: «kompetenzorientiert» versus «wissensbasiert». Wie wenn das eine ohne das andere möglich wäre! Ohne grundlegendes Wissen kein Können. Kompetenzorientierung baut auf profunder Wissensbasis, sonst ist sie orientierungslos. Erst ein fundiertes Grundlagenwissen ermöglicht Kompetenzen. Wie kann ich denn etwas kritisch hinterfragen, wenn ich die Probleme und Phänomene nicht kenne und verstehe und sie nicht einordnen kann, beispielsweise nach den klassischen Kriterien von politisch, ökonomisch, sozial, kulturell?
Carl Bossard
Ehemaliger Direktor der Kantonsschule Luzern
Gründungsrektor der Pädagogischen Hochschule Zug
1 Nina Fargahi: Lehrabschluss ohne Prüfung: Eine Reform sorgt für Streit. In: Tages-Anzeiger, 21.02.2025, S.19
2 Vgl. https:
//www.fdp.ch/aktuell/medienmitteilungen/medienmitteilung-detail/news/die-volksschule-ist-demontiert-nun-greifen-linke-buerokraten-die-berufslehre-an [abgerufen: 02.03.2025]
3 Sebastian Briellmann: Eine Lehre ohne Abschlussprüfung. In: NZZ, 18.02.2025, S. 9
4 Ders.: Komfort zählt mehr als Leistung. In: NZZ, 03.01.2025, S. 7
5 Vgl.
https://www.srf.ch/news/schweiz/lehrabschlusspruefungen-keine-schriftliche-schlusspruefung-mehr-im-fach-allgemeinbildung [abgerufen: 02.03.2025]
[Quelle:
Journal 21, abgedruckt mit Erlaubnis des Autors]
04.03.2025
Bundesrat ist offen für ein Social Media Verbot für unter 16-jährige
Ständerätin Maya Graf von der Grünen Fraktion fordert in einem politischen Vorstoss ein Verbot von Sozialen Medien für unter 16-jährige. In Australien ist ein entsprechender Entscheid bereits definitiv gefallen. Das Ziel ist es, die Jugendlichen vor den Gefahren und den negativen Folgen zu schützen. Gemäss wissenschaftlichen Untersuchungen, so Graf, gibt es deutliche Anzeichen, dass Social Media die psychische Gesundheit der Jugendlichen gefährdet. Insbesondere die Zunahme von Depressionen, Ängsten und auch Selbstmordgedanken der Jugendlichen, sowie eine Verringerung der Lern- und Konzentrationsfähigkeit wird auf die Sozialen Medien zurückgeführt.
Der Bundesrat zeigt sich dem Postulat sehr positiv gegenüber. Er empfiehlt dem Ständerat den Vorstoss zur Annahme, damit dieser geprüft werden kann und die Gefahren von Social Media analysieren werden.
Auch bei diversen Parteien stösst der Vorstoss auf breite Zustimmung: SP und SVP unterstützen das Verbot mit jeweils 85%, die Grünen mit 83% und die GLP mit 75%.
Lavinia Beck
Sekretariat Starke Schule beider Basel
08.02.2025
Fataler Systemfehler im Baselbieter Personalgesetz
Im Kanton Basel-Landschaft haben Vorgesetzte im öffentlichen Sektor ein Instrument zur Hand, welches einerseits Macht und Kontrolle sichern soll, andererseits aber zu einem gravierenden Missbrauchsrisiko führen kann: die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung. Dieses Instrument, das in der kantonalen Personalgesetzgebung verankert ist, erlaubt es Vorgesetzten, Mitarbeitende unter Kündigungsandrohung schriftlich zu rügen, ohne dass diese die Möglichkeit eines Einspruchs dagegen haben. Was als Disziplinarmassnahme zur Sicherung von Qualität und Effizienz gedacht ist, entpuppt sich in der Praxis häufig als Problem, welches Mitarbeitende in eine Situation der absoluten Ohnmacht versetzt und die Tür für willkürliches Verhalten durch Vorgesetzte weit aufstösst.
Ein Machtinstrument ohne Gegengewicht
Die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung ist ein Paradebeispiel für ein drastisches Machtinstrument ohne jegliche Kontrolle. Mitarbeitende, die eine solche Verwarnung erhalten, haben keinerlei Möglichkeit, diese juristisch anzufechten oder neutral überprüfen zu lassen. Damit steht Aussage gegen Aussage: Auf der einen Seite die Interpretation der Vorgesetzten, auf der anderen Seite die Verteidigung der betroffenen Mitarbeitenden. Ohne eine Instanz, die den Vorwürfen neutral auf den Grund geht und auch die Sichtweise der Mitarbeitenden berücksichtigt, wird die von den Vorgesetzten ausgesprochene Verwarnung zur absoluten Wahrheit – egal, wie gerechtfertigt oder ungerechtfertigt sie ist – und hat für die Verwarnten einschneidende Konsequenzen.
Unmessbare Zielvorgaben: Ein Weg ins Absurde
Besonders problematisch sind Verwarnungen dann, wenn sie mit Zielvorgaben verknüpft werden, die vage und nicht messbar sind und deren Erfüllung ausserhalb des Einflussbereichs der betroffenen Mitarbeitenden liegt. Beispiele für solche unfairen Bedingungen wären etwa: «Sorgen Sie dafür, dass sich das Image der Schule in der Öffentlichkeit nicht verschlechtert!», oder: «Verhalten Sie sich so, dass es zu weniger Beschwerden kommt!» Probleme am Arbeitsplatz entstehen aus verschiedenen Faktoren und durch das Verhalten einer Vielzahl von Akteuren, darunter auch durch Entscheidungen der Vorgesetzten selbst. Dennoch liegt die gesamte Verantwortung für die Zielerreichung bei solchen Vorgaben auf Seiten der Verwarnungsempfänger/-innen.
Die psychologischen Folgen: Zermürbung und Resignation
Eine Verwarnung, insbesondere wenn sie mit nicht messbaren Zielvorgaben einhergeht, hat tiefgreifende psychologische Auswirkungen auf die Betroffenen. Die Aussicht, bei Nichterfüllung der Ziele mit weiteren Sanktionen bis hin zur Kündigung rechnen zu müssen, führt oft zu einem enormen Druck. Die Betroffenen sehen sich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich infrage gestellt. Die Folge: ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen wie Burnout oder Depression.
Ein Appell für Reformen
Die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung ist ein Relikt, das in einer modernen, auf Transparenz und Fairness ausgerichteten Arbeitskultur keinen Platz haben sollte. Es braucht dringend Reformen, die dieses drastische Disziplinierungsinstrument, welches von Vorgesetzten leider auch missbraucht werden kann, einer unabhängigen Prüfung zugänglich machen. Aufgabe einer solchen Prüfung müsste sein zu untersuchen, ob eine Verwarnung hinsichtlich der erhobenen Vorwürfe verhältnismässig und bezüglich der damit verfolgten Ziele zweckmässig ist, und ob sie mit klaren, objektiven Kriterien in Bezug auf die Zielvorgaben für eine Probezeit operiert, die für den Mitarbeitenden beeinflussbar und in einem realistischen Rahmen erreichbar sind.
Fazit
Die Verwarnung, wie sie im Kanton Basel-Landschaft eingesetzt wird, ist kein Mittel zur Verbesserung von Arbeitsqualität, sondern ein Systemfehler, der Konflikte verschärft, Mitarbeitende zermürbt und Missbrauch durch Vorgesetzte ermöglicht. Solange dieses Instrument in seiner aktuellen Form bestehen bleibt, wird es weiterhin zu Ungerechtigkeiten und schwerwiegenden persönlichen Konsequenzen für die Betroffenen kommen. Es ist an der Zeit, diese Fehlentwicklung zu korrigieren – im Interesse aller, die an einem fairen und konstruktiven Arbeitsumfeld interessiert sind.
Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel
Haben Sie als Lehrperson selber schon belastende Erfahrungen mit
Ihrer Schulleitung gemacht? Wir freuen uns, wenn Sie uns diese schildern, selbstverständlich unter Wahrung ihrer Anonymität.
Sie helfen damit, auf das Thema aufmerksam zu machen: starke.schule.beider.basel@gmx.ch . Gerne dürfen Sie uns auch einen Leserbriefe einsenden (maximal 1´200 Anschläge). |
01.02.2024
Medien und Informatik: Halbklassenunterricht notwendig
Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) möchte ab dem Schuljahr 2026/2027 verschiedene Sparmassnahmen einführen. Dies betrifft nebst dem Stundenabbau im zweiten und dritten Sekundarschuljahr auch das Fach «Medien und Informatik» (M&I), welches im 1. Schuljahr der Sekundarstufe 1 nicht mehr in Halbklassen, sondern neu im Klassenverband unterrichtet werden soll. Baselland möchte insgesamt rund 10 Millionen Franken und 27 Stellen einsparen.
Die Starke Schule beider Basel (SSbB) führte zu den erwähnten Sparmassnahmen eine Umfrage durch, an welcher 781 Personen teilnahmen. Dabei waren 85.3% der Teilnehmenden Lehrpersonen aus beiden Basler Halbkantonen. In einem kürzlich erschienen Artikel der SSbB wurde bereits der erste Teil der Umfrage ausgewertet, welcher sich mit dem Stundenabbau befasst (siehe hier). Folgend die Auswertung des zweiten Teils der Umfrage zum M&I.
Klare Haltung gegenüber den Sparmassnahmen
Mehr als die Hälfte der Befragten hat kein Verständnis für den Wechsel von Halbklassen- zu Ganzklassenunterricht für das Fach M&I. 44.0% sagt deutlich «Nein», während rund 16,0% die Frage mit «Eher Nein» beantwortete. Nur knapp mehr als ein Drittel äussert sich mit «Ja» (17.5%) oder «Eher Ja» (18.6%) und hat für die Sparmassnahme Verständnis. Knapp 4% der Teilnehmenden äusserte sich nicht zur Frage.

Nachteile überwiegen die Vorteile deutlich
In einem Textfeld konnten die Teilnehmenden Ihre Argumente pro und contra mitteilen. Die genannten Vorteile für das Unterrichten im Klassenverband lassen sich aus dem offenen Antwortfeld folgendermassen zusammentragen:
- Hilfestellung innerhalb der Gruppe: Die Schüler*innen könnten sich gegenseitig unterstützen. Dies fördere den Klassenzusammenhalt und Teamwork sowie die Problemlösung.
- Austausch in grösseren Gruppen: Gerade im Fach M&I sei es wichtig, unterschiedliche Ansichten und Meinungen zu hören und zu besprechen. Je grösser die Gruppe sei, desto diverser die Einwürfe und Antworten.
Bei den Nachteilen kristallisierten sich aus den Antworten folgende drei Argumente heraus:
- Mehr Ablenkung: Wenn plötzlich doppelt so viele Kinder in einem Raum sind, welche alle einen Bildschirm vor sich haben, könne die Lehrperson unmöglich alle Schüler*innen zeitnah helfen. So entsteht Platz für Ablenkung und Unruhe, was das Unterrichten weiter erschwere.
- Weniger individuelle Hilfe: Bei einem Fach wie M&I seien die Probleme der Schüler*innen ganz unterschiedlich. Dazu gehört, dass Schüler*innen ohne Unterstützung der Lehrperson nicht weiterarbeiten könnten. Fällt der Halbklassenunterricht weg, so könne die Lehrperson unmöglich allen Schüler*innen rasch und zielführend helfen.
- Leistungsabfall: Bereits heute gäbe es im Fach M&I grosse Unterschiede zwischen den Schüler*innen. Diese starke Heterogenität erschwere es der Lehrperson, ein geeignetes Unterrichtsprogramm zu finden, welches allen Levels gerecht werde. Sitzen mehr Schüler*innen im Klassenzimmer, würde sich die Schere zwischen den leistungsschwächeren und leistungsstärkeren Schüler*innen weiter öffnen. Dies führe zu einem weiteren Leistungsabbau.
Nicht konkret Gegenstand dieser Umfrage war die exzessiv eingeführte Digitalisierung an unseren Schulen. Trotzdem wurden dazu in einem freien Textfeld zahlreiche Bedenken einer zu hohen Bildschirmzeit und Handysucht geäussert. Es scheint, dass sich zunehmend mehr Lehrpersonen eine Beschränkung der Nutzung von digitalen Geräten wünschen.
Lena Heitz
Vorstand Starke Schule beider Basel
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