05.11.2020
Sturmtief "Sabine" löst politische Debatte aus
In den frühen Morgenstunden vom 10. Februar 2020 erhielten die kantonalen und kommunalen Schulleitungen sowie die Erziehungsberechtigten vom Amt für Volksschulen (AVS) die Information über den sich nähernden Sturm «Sabine», welcher die Gefahrenstufe 4 erreichte. Den Erziehungsberechtigten wurde es freigestellt, ob sie an diesem Tag ihre Kinder zur Schule schicken wollten. Involviert waren der Sicherheits- und der Bildungsdirektion sowie der kantonale Krisenstab. Die Informationsketten funktionierten nur teilweise, was Landrätin Regina Werthmüller bewog, eine Interpellation einzureichen, die nun von der Regierung beantwortet wurden.
Starke Schule beider Basel: «Überzeugen dich die Antworten des Regierungsrates?»
Regina Werthmüller: «Die Antworten überzeugen mich teilweise. Sie sind eher knapp und relativ oberflächlich gehalten. Klar ist, dass der Informationsfluss in der Nacht vor dem Sturm nicht störungsfrei ablief.»
SSbB: «Hat der Krisenstab die richtigen Entscheide gefällt?»
RW: «Die Entscheidungsfindung der zwei Gremien AVS und Krisenstab war herausfordernd. Das Problem lag darin, dass für die verschiedenen Regionen des Kantons unterschiedliche starke Stürme vorhergesagt wurden. In den ländlichen Gegenden im oberen Baselbiet musste mit erheblichen Schäden und gefährlichen Schulwegen gerechnet werden, während im unteren Kantonsteil die Auswirkungen des Sturms gering prognostiziert wurden. Gleichwohl wollten das AVS und der Krisenstab eine einheitliche Kommunikation für den gesamten Kanton.»
SSbB: «Welchen Entscheid hat der Krisenstab gefällt?»
RW: «Für die Schulen hat er eigentlich gar keinen Entscheid gefällt, das AVS überlies es den Erziehungsberechtigten, ob sie Ihr Kind je nach Stärke des Sturmes zuhause behalten oder in die Schule schicken wollten. Das Chaos war damit vorprogrammiert: Viele Eltern war es nicht möglich die Situation richtig einzuschätzen, was zu grosser Verunsicherung führte.»
SSbB: «Was waren die Folgen für die Schulen? »
RW: «An den Sekundarschulen im oberen Baselbiet fehlten halbe Klassen. In den Gymnasien fehlten teilweise sogar ganze Klassen. Teilweise nutzten die Schüler/-innen den fehlenden Entscheid auch aus, um sich einen freien Tag zu machen. Die Lehrpersonen standen in der Pflicht, die anwesenden Schüler/-innen zu betreuen, wobei ein geregelter Unterricht bei den vielen Absenzen kaum möglich war.»
SSbB: «Eine Problematik steckte darin, dass die Entscheide für den ganzen Kanton gefällt wurden, obwohl die Auswirkungen des Sturmtiefs für die einzeln Kantonsteile stark unterschiedlich waren. Während im oberen Baselbiet einige Schulwege gefährlich waren, spürte man im unteren Kantonsteil (z.B. in Allschwil und Birsfelden) nur sehr wenig vom Sturm. War eine einheitliche Regelung unter diesem Aspekt sinnvoll?»
RW: «Eine einheitliche Lösung in einer heterogenen Schullandschaft und den unterschiedlichen Gegebenheiten in den verschiedenen Kantonsteilen ist selten sinnvoll. Einfach keinen Entscheid zu fällen, ob die Schule stattfindet oder nicht, ist aber noch weniger zweckmässig. Im Minimum hätte das AVS frühzeitig einen klaren Entscheid fällen müssen. Bis kurz vor Schulbeginn zu warten, war keine Meisterleistung.»
SSbB: «Welche Schwachstellen siehst du bei der Bewältigung eines solchen Problems beim Krisenstab und beim AVS?»
RW: «Eine wesentliche Schwachstelle ist die Trägheit resp. die lange Zeit, welche der Krisenstab und das AVS benötigte, um (k)einen Entscheid zu fällen. Das frühzeitige Informieren der verschiedenen Adressaten, wie die Schulleitungen, Lehrpersonen, Erziehungsberechtigten und Schulrat ist bei einer solchen Meteowarnung eminent wichtig und vereinfacht die Organisation in den Schulen beträchtlich. Daran ändert auch nichts, dass Naturgewalten und Unwetter sich manchmal schwierig einschätzen lassen. Die Regierung kann deshalb nur in einem beschränkten Rahmen für das entstandene Chaos verantwortlich gemacht werden.
SSbB: «Was wünscht Du Dir vom Krisenstab, dem AVS oder der Regierung?
RW: «Entscheid so kommunizieren, dass die letzte betroffenen Stelle noch rechtzeitig handeln kann. Das Handbuch «Sicherheit an den Schulen» überprüfen und in Zusammenarbeit mit den Schulen revidieren. Zum Beispiel gibt es keine Handlungsanweisung wie bei einer Pandemie vorzugehen ist.»